Im ersten Salongespräch „Geschichten vom Fliehen und Hoffen“ am 28. März 2023 erzählten drei Ukrainerinnen, die 2022 Zuflucht in Magdeburg gefunden haben, von der Flucht, ihrer Ankunft in Deutschland, dem Krieg und ihrem Heimweh...
Es ist schwer, über die Erlebnisse von Krieg und Flucht und das erste Jahr in der Fremde zu sprechen, das war den drei Frauen Julia Bortnik, Yana Bogdyazh und Anna Komisarenko anzumerken. Um so beeindruckender, mit welcher Klarheit sie über ihre Erlebnisse berichteten. Sehr plastisch wurde es bereits bei der Frage zum Fluchtgepäck: ein kleiner Rucksack wurde mit dem Notwendigsten gefüllt, alles Wichtige musste dort bleiben. Erst sehr viel später konnten einige Dinge nachgeholt werden. Was ihnen am meisten fehle? Die Fotos, die Erinnerungen an die Heimat wach halten können, an die Freunde, ihre Männer, die Familie.
Viele Erinnerungen an die Heimat konnte der ukrainische Frauenchor „Wir sind aus der Ukraine!“ wachrütteln: durch die Lieder und Texte wurden Träume und Sehnsüchte zum Klingen gebracht. Dieser Chor, der sich im letzten Jahr hier in Magdeburg gegründet hat ist so viel mehr als nur ein Chor: er gibt Gemeinschaft, ein Zugehörigkeitsgefühl, dort, wo man sich fremd und einsam fühlte. Die Musik geht deshalb auch unter die Haut und rührt an, nicht nur die Sängerinnen sondern auch die Zuhörer*innen.
Unterstützt durch die hervorragende Dolmetscherin Oksana Khoruzha berichteten die Frauen von den Erlebnissen der ersten Tage des Krieges, der Entscheidung zur Flucht, dem Ankommen in Magdeburg, ihrem Alltag heute und dem Heimweh. Die Unterschiede zu den Kindern, Jugendlichen wurden thematisiert, die sich nicht so schwer tun mit der Integration, der neuen Sprache, der Entfernung zur Heimat. Einige sehen ihre Zukunft eher hier in Deutschland. Das größte Problem der meisten Geflüchteten jedoch bleibt die Sprache.
Auch über den Fortlauf des Krieges musste gesprochen werden. Mit schonungsloser Transparenz zeigten die Frauen ihre Wut, ihr Unverständnis auf den Bruch mit dem Nachbarn Russland. Selbst zerrütteten Familien gaben sie kaum eine Chance zur Versöhnung. Vielleicht ist es zu früh, darüber zu sprechen, während ihre Männer in diesem Krieg ihr Leben aufs Spiel setzen, der Krieg mit unverminderter Härte geführt wird und kein Ende in Sicht ist.
Julia, Yana und Anna zeigten sich selbstbewusst und stark. Keine schüchterne, verängstigte Frauen, die kleinbeigeben.
Noch ist die Geschichte nicht zu Ende erzählt. Eines dürfte aber bereits jetzt klar sein: diese Frauen sind die eigentlichen Heldinnen.